Blockchain: Trend, Zukunft oder Blase?

Alle reden über Bitcoins, Kryptowährungen und im gleichen Atemzug von Blockchain. Meist geht es um die Bitcoin als Wertspeicher oder darum, mit Trading schnelles Geld zu verdienen. Dabei kann die Blockchain, die Technologie hinter dem Bitcoin, viel mehr als digitale Zahlungen und hat das Potential, digitale Systeme zu revolutionieren. Gleichzeitig kämpft sie aber mit technischen Problemen.

Wohin führt die reise?

Der Softwareexperte und Geschäftsmann John McAfee glaubt fest daran, dass ein Bitcoin bis Ende 2020 eine Million Dollar wert sein wird. Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman hält dagegen die ganzen blockchainbasierten Kryptowährungen für eine Blase, da sie anders als Fiat Währungen, bei denen der jeweilige Staat mit seiner Glaubwürdigkeit bürgt, durch nichts gedeckt seien. Auch der Finanzguru und Ex-Chef der US-Notenbank Alan Greenspan sieht den Bitcoin als Anlage ohne intrinsischen Wert.

Neben dem Bitcoin existieren tausende alternative Kryptowährungen, sogenannten Altcoins, darunter Ethereum, Litecoin, Ripple und ZCash. Die meisten von ihnen nutzen die Blockchain, speichern also alle Transaktionen in Blöcken, die mittels eines kryptographischen Algorithmus von Minern verifiziert (geschürft) und miteinander verknüpft werden. Das Verfahren nennt sich Proof of Work und kostet viel Rechenleistung. So viel, dass die meisten Miner sich mittlerweile zu großen Rechenzentren, sogenannten Minerpools, zusammengeschlossen haben.

Was die Blockchain wirklich bringt

Die Blockchain-Technologie ist die eigentliche, interessante Innovation hinter den Kryptowährungen. Sie verspricht, nicht nur dezentrale und sichere Finanztransaktionen zu ermöglichen, sondern auch Apps, Datenbanken und digitale Dienste zu dezentralisieren. Doch was haben wir davon? Die Antwort ist sehr einfach.

  • Die Daten werden dezentral auf allen Knoten des Netzwerks statt auf einem einzigen Server gespeichert gespeichert. Das System weist also keinen Single Point of Failure auf. Schädliche DDoS-Angriffe, wie der, der Wikipedia vor einigen Wochen temporär lahmgelegt hat, sind also unwahrscheinlicher.
  • Die Systeme sind transparent, weil keine zentrale Autorität das Netzwerk kontrolliert, willkürlich Konten sperrt und Daten missbraucht. Für Diktaturen ist das ein Alptraum, für die Demokratie und Meinungsfreiheit gut.
  • Zumindest theoretisch gibt es in einem dezentralen Peer-to-Peer Netzwerk, das niemandem gehört, keine Transaktionsgebühren. Denken Sie an Airbnb, Immoscout24, Facebook. Hier verdient das jeweilige Unternehmen mit verschiedenen Modellen Geld (Provisionen, Werbung), nur indem es eine zentrale Plattform bereitstellt, auf die alle zugreifen. Blockchain-Anwendungen benötigen dagegen keine zentrale Instanz, die Daten verwaltet und dafür Geld kassiert.

sicher, dezentral, aber nicht skalierbar

Das klingt super oder? Fast zu gut, um wahr zu sein. Es gibt aber einen Haken: Die Technologie hat noch einige Baustellen. Das sogenannte Trilemma der Blockchains lautet: dezentral, sicher oder skalierbar? Es gibt momentan keine Blockchain, die alle drei Kriterien gleichzeitig erfüllt. Das Bitcoin- und das Ethereum-Netzwerk gelten dank Proof of Work als sicher, auch die Dezentralität ist gewährleistet. Bei der Skalierbarkeit gibt es jedoch massive Probleme.

Stellen Sie sich vor, Sie müssten ein schweres Rätsel lösen, um eine Banktransaktion oder eine Nachricht zu verschicken. Das kostet Zeit. Nichts anderes machen Miner mit dem Proof-of-Work-Verfahren. Der Kryptoalgorythmus lässt sich nur mit speziellen, leistungsstarken Rechnern lösen, die jede Menge Energie benötigen. 2018 verbrauchte das Bitcoin-Netzwerk 40 TWh Strom. Das ist ungefähr so wie viel wie ganz Ungarn.

Damit überhaupt jemand sich die Mühe macht, Blöcke zu schürfen, erhalten Miner sowohl bei Bitcoin als auch bei Ethereum eine feste Belohnung pro geschürften Block und zusätzlich die Transaktionsgebühren, die die Absender selber festlegen. Natürlich bestätigen die Miner dann meist zunächst die Transaktionen, bei denen die Gebühren am höchsten sind. Mit einer zunehmenden Anzahl von Transaktionen im Netzwerk werden diese immer teurer.

für kommerzielle anwendungen zu langsam

Das Bitcoin-Netzwerk schafft aktuell 3 bis 7 Transaktionen pro Sekunde, Ethereum 15. Das Proof of Work Verfahren sorgt für Sicherheit und Dezentralität auf Kosten der Geschwindigkeit und der Gebührenfreiheit. Das macht eine breite Anwendung und Geschäftsmodelle mit Millionen Nutzern derzeit unmöglich. Ethereum und andere Kryptowährungen diskutieren oder nutzen bereits das Proof of Stake, eine Methode, bei der die Miner mit Coins bürgen, die sie als Sicherheit hinterlegen. Die Lösung ist jedoch nicht risikofrei, da sie die Zentralisierung begünstigt.

Alle Blockchains probieren derzeit weitere Lösungen aus, um die Latenzzeit der Systeme zu verringern. Bitcoin testet sogenannte Lightning Networks. Es handelt sich dabei um eine zusätzliche Schicht über der Blockchain. Zwei Parteien können einen privaten, verschlüsselten Kanal (Channel) betreiben und darin Transaktionen führen, ohne dass diese auf der Blockchain festgehalten werden. Erst wenn die Verbindung geschlossen wird, wird die Blockchain anhand des Endsaldos aktualisiert.

Mit dieser technischen Neuerung soll die Geschwindigkeit des Netzwerks auf 15.000 Transaktionen pro Sekunde steigen (zum Vergleich: Das Visa-Netzwerk schafft 24.000 Transaktionen pro Sekunde). Auch Ethereum experimentiert derzeit mit verschiedenen Updates. Das sogenannte Sharding soll die Blockchain in voneinander unabhängige Abschnitte teilen, während die State Channels ähnlich wie die Lightning Networks von Bitcoin funktionieren sollen.

2020: HOP ODER TOP

Aktuell bleibt die Implementierung dieser Erneuerungen jedoch Zukunftsmusik. Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin erklärte in einem Interview am 4. September 2019, Ethereum 2.0 mit Sharding und Proof of Stake auf jeden Fall Anfang 2020 launchen zu wollen. Die Bitcoin Lightning Networks funktionieren bereits, die Anzahl der Nutzer bleibt jedoch überschaubar. Gerade 854 Bitcoins waren am 01.September 2019 auf Channels gespeichert.

Blockchains werden sich jenseits von Kryptowährungen nur behaupten, wenn sie einen realen Nutzen für die Wirtschaft haben. Zahlreiche Konzerne und Startups forschen derzeit über Use Cases in den Gebieten Verkehr, Logistik, Industrie 4.0 und E-Health. Um für die große Masse skalierbar zu sein und Profit zu generieren, muss die Blockchain jedoch ihr Skalierbarkeitsproblem lösen.

An alle, die die Technologie kritisieren, sei gesagt: Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. In den 80ern bestand das heutige Internet aus wenigen Rechnern, die Übertragungsmöglichkeiten waren begrenzt. Kaum einer hätte auf seinen Durchbruch gewettet. So bleibt es im Falle der Blockchain nur abzuwarten. Die Zeit wird zeigen, ob dezentrale Modelle die Zukunft sind oder eine Note in der Geschichte bleiben.

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