Hält der Altcoin-Boom an?

Die Kurse schwanken gewaltig, dennoch bleibt der Preis vieler Altcoins rekordverdächtig. Neben Ethereum, dessen Wert sich innerhalb eines Jahres verzehnfacht hat, boomen Neulinge wie Polkadot und Meme, aber auch Altbekannte wie Neo und IOTA. Geht der Wachstumskurs weiter? Und welche Tokens werden das Rennen machen?

Niedrige Zinsen und größere Akzeptanz befeuern Kryptos

Der Krypto-Boom seit November 2020 ist kein Zufall. Zum einen suchen Investoren bei Nullzinsen und Rekord-Immobilienpreisen nach Renditemöglichkeiten. Die Überschwemmung der Märkte mit Liquidität infolge der Corona-Krise treibt nicht nur die Börsen-, sondern auch die Altcoin-Kurse nach oben.

Außerdem akzeptieren immer mehr offizielle Institutionen Krypto-Tokens. Vor ein paar Tagen kündigte PayPal an, dass seine US-Kunden künftig mit vier Kryptowährungen zahlen werden können. Auch Investoren wie Goldman Sachs, Citigroup und BlackRock deckten sich in den letzten Monaten ein. Als Tesla Anfang Februar 1,5 Mrd. Dollar in Bitcoins investierte, brachen vorerst alle Dämme.

Bärenzyklus ist noch lange kein crash

Am 23. Februar schien der Bullenzyklus vorerst zu Ende. Bitcoin verlor 15 Prozent ihres Werts innerhalb von zwei Tagen. Auch Ethereum, Litecoin und viele andere Altcoins stürtzen ab. Seitdem verhalten sich die Kurse vor allem extrem volatil. Doch geht es bald steil nach unten, wie viele Krypto-Skeptiker meinen?

Die Geschichte der Finanzmärkte ist voll von geplatzten Blasen, angefangen vom Tulpenfieber in Holland im 17. Jahrhundert bis zum Black Tuesday 1929 und zur Dotcom-Blase im Jahr 2000. Dabei definiert man eine Blase als die Überbewertung einer Anlage.

Bei Aktien ist die Bewertung vergleichsweise einfach, da hinter jeder Aktie ein Unternehmen steckt. Hält es seine Versprechen in Puncto Umsatz und Rendite nicht, sinkt irgendwann ihr Wert. Auch bei Immobilien gibt es Indikatoren für eine Blase. Kaufpreise, die viel schneller als die Mietpreise steigen, gelten zum Beispiel als Alarmsignal.

Doch was ist mit Altcoins? Dahinter verbirgt sich weder eine AG, die Bilanzen und Umsätze veröffentlicht, noch eine physische Anlage wie ein Haus. Seine Kritiker, darunter Prominente Ökonomen wie Robert Merton und Nouriel Roubini, argumentieren daher, Altcoins seien weder eine Währung noch was anderes, sondern eine an sich wertlose Spekulationsanlagen. Doch ist das wirklich so?

DEZENTRALE WERTSCHÖPFUNG: GENIALE IDEE ODER UTOPIE?

Bitcoins sind auf dem ersten Blick tatsächlich eine reine Wertanlage. Theoretisch besitzen sie jedoch einen Nutzen, nämlich die für viele sehr reizende Idee, das zentralisierte, von Banken und Nationalstaaten gesteuerte Finanzsystem zu überwinden und durch ein dezentralisiertes, demokratisches und zensurfreies System ohne Kontrollinstanze zu ersetzen.

Derzeit liegt jedoch diese Vorstellung in weiter Ferne, da das Netzwerk schon bei den vergleichsweise wenigen Transaktionen eine hohe Latenz aufweist. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, dass das Bitcoin-Netzwerk in den kommenden Jahren das internationale SWIFT-System überflüssig machen wird.

Viele Altcoins versprechen allerdings mehr als ein Netzwerk für dezentrale Zahlungen. Vitalik Buterin erfand 2014 Ethereum mit dem Ziel, eine Turing-vollständige Kryptowährung zu schaffen, die Skriptsprachen unterstützt. Sogenannte Smart Contracts sind Programme, die Verträge in der realen Welt abbilden, selbstständig funktionieren und damit Mittelmänner, die eine reine Vermittlungsfunktion haben, überflüssig machen. Damit lassen sich beispielsweise Urheberrechte und Nutzungsverträge digital und automatisch durchsetzen, ohne dass eine dritte Partei (z.B. Agent, Rechtsanwalt) eingreift und Provisionen kassiert.

Inzwischen hat Ethereum nach Bitcoin die zweithöchste Marktkapitalisierung. Und obwohl Mittelmänner nach wie vor existieren und existieren werden, entstanden in den letzten Jahren viele Startups, die auf der Ethereum Blockchain auf Smart Contracts basierende Geschäftsideen implementieren. Ethereum selbst hat seinen Wert in den letzten zehn Monaten verzehnfacht. Da er durchaus eine Value Proposition hat, ist es unwahrscheinlich, dass er allzu sehr fällt.

neo, CHAINLINK UND cardano: die besseren Ethereums?

Aber auch Ethereum hat seine Tücken. Wie beim Bitcoin-Netzwerk verursacht die Verifizierung der Blöcke mit Proof-of-Work eine hohe Latenz. Ungefähr fünf Minuten dauert es derzeit, bis eine Transaktion bestätigt wird. Zwar startete am 1. Dezember 2020 die Transition zu Ethereum 2. mit Proof-of-Stake. Dennoch muss sich das neue Netzwerk noch beweisen.

Neo, die chinesische Antwort zu Ethereum, bietet eine open-source Blockchain-Plattform für die Entwicklung von Smart Contracts mit digitaler Identitätsprüfung, Orakeln zur Integration von Daten aus der realen Welt und dem Proof-of-Stake-Verfahren, das 10.000 Transaktionen pro Sekunde ermöglicht. Zudem werden anders als bei Ethereum gängige Programmiersprachen wie Java und C# unterstützt. Innerhalb des letzten Jahres stieg der Kurs von 10 auf um die 50 Dollar. Die praktischen Anwendungen halten sich derzeit noch in Grenzen. Sollte die chinesische Regierung jedoch bei ihrer Krypto-freundlichen Haltung bleiben, dürften auch die Partner langfristig nicht fehlen.

Um die Lösung des Orakel-Problems dreht sich auch der erfolgreiche Chainlink. Dort, wo Smart Contracts Daten aus der realen Welt benötigen, sind Brücken zwischen öffentlichen Blockchains und externen Datenquellen notwendig. Sogenannte Orakel verifizieren diese Daten, dennoch sind sie traditionell ebenfalls zentralisiert. Im Chainlink-Netzwerk kann jeder aus der Community dagegen Daten für Smart Contracts bereitstellen.

Cardano, der einzige mit wissenschaftlichen Methoden entwickelte Altcoin, belegt nach Marktkapitalisierung den sechsten Platz. Mit dem in dem nächsten Monaten geplanten Goguen-Update werden dezentrale Smart Contracts möglich sein. Die Größe des Cardano-Ecosystems ist noch beschaulich, dementsprechend spiegelt der Kurs das Potential nicht wider. Je skalierbarer und Smart Contract-fähiger Cardano wird, desto mehr reale Anwendungen werden entstehen.

IOTA und polkadot: distributed Ledger für das dezentrale INTERNET OF THINGS

Blockchains der dritten Generation wie Cardano setzen nicht nur auf Smart Contracts, sondern auch auf Skalierbarkeit, Interoperabilität, Datenschutz, Sicherheit und geringe bis keine Gebühren. Damit stellen sie eine ideale Infrastruktur für das Internet of Things bereit. IOTA, die diese Ziele von Anfang an verfolgt hat, geht sogar einen Schritt weiter und verzichtet auf die Blockchain als Netzwerkarchitektur. Stattdessen gibt es den Tangle, ein verteiltes Register, bei dem jeder Teilnehmer gleichzeitig die Transaktionen bestätigt. Da der Tangle ohne Miner auskommt, gibt es auch keine Transaktionsgebühren.

Langfristig möchte IOTA das Zahlungsmittel für vernetzte Fahrzeuge, Maschinen und Edge-Geräte werden, die schnelle, kostenlose und automatisierte Transaktionen benötigen. Zu den prominenten Partnern zählen Land Rover und Dell. Mit Letzterem arbeitet die IOTA Foundation an einem Messverfahren, um die Vertraulichkeit von Big Data zu schätzen.

Auch das 2017 gestartete Polkadot möchte günstige und sichere Transaktionen im dezentralen Web 3.0 ermöglichen und als Grundlage für Edge Computing und KI-Anwendungen dienen. Das Polkadot-Netzwerk selbst bleibt anders als IOTA der Blockchain-Architektur treu. Als Validierungsverfahren dient ein demokratisches Proof-of-Stake, bei dem jeder Tokenhalter eine Stimme bekommt. Zudem sollen die auf der Plattform programmierten Anwendungen grundsätzlich auf jeder Blockchain funktionieren. Beispielsweise entwickelt die Firma ONTology Lösungen zur dezentralen Datenspeicherung.

fazit: VIELE ALTCOINS WERDEN DURCHSTARTEN

Die Kurse werden weiter schwanken. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass viele Altcoins sich langfristig behaupten. Vor allem solche, die eine echte Value Proposition mitbringen, haben das Potential, technische Innovationen zu fördern und sich als Alternative zu zentralisierten Netzwerkarchitekturen zu profilieren. Zwar werden klassische, zentralisierte Client/Server Architekturen nicht verschwinden, aber dezentrale Anwendungen werden in der nächsten Dekade weiter Einzug halten und sie ergänzen.

Während die Kursentwicklung nicht zwingend den realen Mehrwert eines Projekts darstellt, sind Partnerschaften und reale Anwendungen ein zuverlässiger Indikator. Der Bedarf nach resilienten, dezentralen und skalierbareren Netzwerken wird in den kommenden Jahren wachsen. Aus diesem Grund werden wir von vielen Altcoins noch lange hören.

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Kann die Blockchain unsere Daten schützen? Teil 1

Längst vor dem Skandal rund um Facebook und Cambridge Analytics war es den meisten Internetnutzern klar, dass soziale Netzwerke, Suchmaschinen und digitale Zahlungsdienste jede Menge Daten über sie sammeln und nutzen. Gibt es einen Weg, unsere Privatsphäre zurückzugewinnen? Ausgerechnet die Blockchain könnte helfen. Wenn wir es zulassen.

wo landen unsere Daten?

Der durchschittliche Internetnutzer hat sieben Social-Media-Accounts. Dazu kommen Benutzerkonten bei Online-Shops, Online-Banking-Konten und Profile auf Amazon, Google und so weiter. Wo genau landen unsere Daten? Was passiert mit ihnen? Als Nutzer kann ich das gefühlt genauso wenig steuern, wie ich das Wetter beeinflussen kann.

Das Problem liegt in der zentralisierten Struktur des Internets. Die meisten Webseiten basieren auf einer Client-Server-Architektur. Ein Nutzer (Client) verbindet sich mit einem Server, auf dem die Webseite läuft.

Will ich beispielsweise etwas auf Facebook posten, verbinde ich mich mit dem Facebook-Server, logge mich in meinen Account ein und schicke den Text beziehungsweise die Bilder an den Server. Alle meiner Aktivitäten bleiben dort gespeichert, auch die peinlichen Bilder, die ich vor 10 Jahren gepostet habe. Ich kann sie zwar so entfernen, dass sie nicht mehr in meiner Chronik erscheinen. Der Server gehört aber Facebook. Und wer das Kleingedruckte in den AGB liest, weiß, dass auch von der Plattform gelöschte Inhalte vorerst auf dem Server bleiben, und wer weiß wie lange.

Doch wie wäre es, wenn unsere Daten uns gehören würden und jeder kontrollieren könnte, wer einen Zugang dazu hat? Die Blockchain macht diese Vision möglich, zumindest theoretisch.

Die Blockchain: verTeilen statt zentral speichern

Die Blockchain, die viele vor allem mit der Kryptowährung Bitcoin verbinden, ist auch jenseits von Bitcoin interessant. Es handelt sich nämlich um ein Distributed Ledger, das auf Deutsch so viel wie „verteiltes Register“ heißt. Vereinfacht dargestellt speichern alle Knoten des Netzwerks die Gesamthistorie der Transaktionen und Prozesse. Dabei gibt es keinen einzigen Knoten, der das Netzwerk komplett kontrolliert.

Folgende Regeln gelten:

  • Niemand kann ohne die Zustimmung der gesamten Blockchain Daten hinzufügen.
  • Sind Daten auf der Blockchain gespeichert, können sie niemals gelöscht oder verändert werden.
  • Veränderungen im Code müssen von der ganzen Community genehmigt werden.

Die Blockchain ermöglicht also prinzipielle eine viel demokratischere Datenverwaltung als zentralisierte Systeme, bei denen eine Instanz (meist nicht der eigentliche Besitzer der Daten) alles kontrolliert.

die demokratisierung des internets?

Jenseits des Wunsches nach Profit treiben Gereichtigkeitsdeale viele Kryptoentwickler an. Ethereum-Gründer Vitalik Buterin setzt sich zum Beispiel für „Freiheit durch radikale Dezentralisierung“ ein. Er glaubt, dass die Macht der Blockchaingemeinschaft als solche die bisherigen Wirtschaftssysteme dramatisch verändern könnte.

In der Kryptoszene sind solche Visionäre nicht selten. Dan Hughes, der Gründer von Radix, gibt als Ziel an, jedem Mensch einen Zugang zur digitalen Ökonomie zu ermöglichen. Zwar nutzt Radix eine andere Datenstruktur als die Blockchain. Jedoch ist es trotzdem ein Distributed Legder.

Auch IOTA, das Distributed Ledger des Internet of Things, möchte das WWW komplett dezentralisieren. Nicht nur Menschen, sondern auch Autos, Elektrogeräte und Smartphones sollen untereinander kommunizieren und Geld verschicken können, ohne durch einen zentralen Server gehen zu müssen. Und natürliche ohne, dass dritte Parteien ihre Daten speichern.

anonym surfen (s0 viel, wie es geht)

Als George Orwell sein berühmtes Werk „1984“ schrieb, war Big Brother nicht mehr als eine Vision. Inzwischen weiß nur Gott über uns mehr als Google, wenn überhaupt. Googles Marktanteil an den weltweiten Suchen beträgt fast 90 Prozent. Das Tech-Unternehmen aus Mountain View weiß wo wir in den Urlaub fahren, wo wir am Samstag Abend feiern und kennt unsere Freunde.

Kein Wunder, dass es vielen Menschen mulmig wird. Laut einer Umfrage von „Harvard Business Review“ aus dem Jahr 2015 sorgen sich 80 Prozent der Deutschen über ihre Privatsphäre im Internet. Gleichzeitig wissen erschreckend wenige, was sie genau preisgeben. Nur 17 Prozent der Teilnehmer war es zum Beispiel bewusst, dass sie ihre IP-Adresse teilen, wenn sie im WWW surfen.

die Transparente suchmaschine

Google beobachtet nicht nur unser Verhalten im Internet. Er speichert sich auch unsere Suchen und schlägt uns die Inhalte vor, die uns seiner Meinung nach gefallen. Ganz oben auf der ersten Ergebnisseite landen die Webseiten mit einem hohen Ranking. Wie genau dieses Ranking im Detail berechnet wird, weiß nur Google.

Zwar versprechen hunderte von Softwares und Firmen, das Google-Ranking einer Webseite mit Quality Content, Backlinks und anderen Tricks zu steigern. Den Algorithmus kennen sie jedoch auch nicht. Da Google ein privates Unternehmen ist, hat die Community wenig Einfluss auf Updates. Der Code ist natürlich streng geheim. Darauf basiert Googles Macht, und sie steigt. Im zweiten Quartal 2019 verdiente es 32 Milliarden Dollar mit Anzeigen. Das ist mehr als das BIP Kambodschas.

Kann mithilfe der Blockchain eine demokratische, werbefreie Suchmaschine entstehen? Einige arbeiten daran. Presearch, Nebulas und Boogle sind nur einige bereits existierende blockchainbasierte Suchmaschinen. Sie versprechen dezentrale Suchen, bei denen die Daten nicht bei privaten Firmen landen, und natürlich keine Anzeigen. Sie stehen jedoch noch ganz Anfang, und benötigen Geld und Zeit für ihre Entwicklung.

Anonym unterwegs im WWW (So viel es geht)

Nicht nur Google, sondern auch Browser wie Firefox oder Chrome wissen viel von uns. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, die eigene Privatsphäre im Internet zu schützen. Eine von ihnen ist Tor. Das Netzwerk mit über 4.000 Knotenpunkten anonymisiert den Datenverkehr, indem Anfragen verschüsselt zwischen mehreren Servern des Netzwerks ausgetauscht werden, bevor sie durch den Exit-Knoten den Zielserver erreichen. Die geheime Route ändert sich alle 10 Minuten. Tor verfügt auch über eine eigene Suchmaschine,

Ist Tor also wirklich 100 Prozent wasserdicht? 100 Prozent gibt es auf der Welt selten. So infizierte 2015 das FBI tausende Rechner von Tor-Nutzern, die sich pädophiles Material im Darknet anschauten und vertrieben. Der Virus verriert trotz Verschlüsselung die IP-Adresse der betroffenen Rechner.

Der Aufwand war jedoch sehr hoch und nur durch die Schwere der Straftaten gerechtfertigt. Wer keine illegalen Aktivitäten beabsichtigt, ist eigentlich ziemlich sicher. Der Preis für die Anonymität ist jedoch eine sehr langsame Verbindung. Außerdem sperren viele Webseiten Tor-Nutzer standardmäßig.

Etwas bessere Datenraten bieten VPN-Dienste an. Das Prinzip ist ähnlich wie bei Tor, aber nur ein Server wird zwischengeschaltet. Jedoch sind meisten VPN-Dienste kostenpflichtig. Außerdem sieht bei einer Anfrage den Endserver nicht, woher sie kommt. Der VPN-Anbieter kennt jedoch den Sender durchaus und speichert je nach VPN-Anbieter auch die Suchen.

Ist ein blockchainbasierter Browser möglich und gewährleistet er mehr Privatsphäre? Wenn es nach IBM geht, schon. Das Tech-Unternehmen arbeitet daran und hat bereits ein Patent angemeldet. Allzuviel über die Technologie ist jedoch nicht bekannt. Lediglich teilte IBM mit, dass der Browser die Privatsphäre erheblich verbessern sollte.

sind bitcoinzahlungen anonym?

Wer das internationale SWIFT-System für Finanztransaktionen nutzt, ist alles anderes als Anonym. Banken oder Finanzinstitutionen besitzen eine Historie der getätigten Transaktionen. Nicht selten kooperieren sie mit Behörden und leiten Daten weiter. In einem demokratischen System geschieht das, um illegale Aktivitäten wie Geldwäsche und der Missbrauch von Sozialleistungen zu unterbinden.

Autokratische Systeme nutzen jedoch gerne diese Kontrolle, um Regimekritikern die Konten einzufrieren. Bargeld gewährleistet eine gewisse Anonymität. Wer möchte jedoch große Mengen an Scheinen in der Matratze horten? Für die Menschen, die unter diktatorischen Regimen leben, bedeuten anonyme Finanztransaktionen daher einen gewissen Schutz.

Entgegen der verbreiteten Annahme sind Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum nicht anonym, sondern im Gegenteil völlig transparent. Zwar besteht die öffentliche Adresse aus Zahlen und Buchstaben und nicht aus Namen oder Adressen. Jedoch gelang einer Gruppe von Wissenschaftlern des Qatar Computing Research Institute, die Sender von jahrelang zurückliegenden Transaktionen auf dem (mittlerweile geschlossenen) Online-Schwarzmarkt Silk Road zu identifizieren. Dafür verglichen sie Bitcoin-Adressen im anonymen Browser Tor mit Transaktionen auf der Blockchain und Spendenaufrufen auf Twitter, die dieselben Adressen enthielten.

Selbst wer vorsichtig ist und keine sozialen Netzwerke nutzt, kann nicht anonym mit Bitcoin oder anderen Kryptowährungen handeln. Die meisten Kryptobörsen (Exchanges) sind zentralisiert und verlangen bei der Anmeldung eine Identitätsprüfung. Wer noch keine Kryptowährungen besitzt, muss zudem seine Kreditkarten- oder Kontodaten angeben, um mit einer Fiatwährung Coins zu kaufen. Deutsche Kryptobörsen brauchen außerdem ab 2020 eine Lizenz der BaFin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

Ist es also völlig unmöglich, Bitcoins anonym zu kaufen? Zumindest ist das schwierig. Zwar existieren weltweit 6.537 Blockchain-Automaten in 73 Ländern, die Bitcoins gegen Bargeld liefern (ganz vorne die USA und Kanada, aber auch 187 in Österreich, 71 in Tschechien und 67 in Deutschland). Wer verkaufen und Cash gegen Bitcoin möchte, muss sich aber auch bei den Automaten ausweisen.

privacy Coins für wirklich anonyme Transaktionen

Einen ganz anderen Ansatz verfolgen Privacy Coins wie Monero oder ZCash. Sie sind extra dafür konzipiert, Sender, Empfänger und Beträge geheim zu halten.

Monero wurde 2014 gegründet und ist einer der bekanntesten Privacy Coins. Wie Bitcoin nutzt er das Proof of Work und ist ein Distributed Ledger. Jedoch kann dank des verwendeten Cryptonote Protokolls nur der Empfänger mithilfe eines einmalig generierten Private Keys die Blockchain scannen und nach seiner Transaktion suchen. Ein Außenstehender sieht nur eine sogenannte Stealth Adress. Es handelt sich um einen einmaligen Public Key, die der Sender mit dem Public Key des Empfängers generiert. Der Betrag der Transaktion wird ebenfalls nicht öffentlich festgehalten.

Die Bitcoin-Fork ZCash nutzt dagegen das kryptographische Protokoll zk-SNARK. Die Abkürzung steht für „zero Knowledge Succint Non-Interactive Argument of Knowledge. Das bedeutet:

  • zero Knowledge (Null Kenntnis) – Miner können eine Transaktion verifizieren, ohne Betrag, Sender und Empfänger zu kennen.
  • Succint – kompakt.
  • Non-Interactive – Sender und Miner müssen nicht miteinander kommunizieren.
  • Argument of Knowledge – Der Gegenstand der Prüfung, in diesem Fall die Gültigkeit der Transaktion.

Die mathematische Theorie dahinter ist ausreichend kompliziert. Jedoch ist das Ergebnis, dass ich als Sender einem Empfänger Coins völlig anonym zukommen lassen kann. Die Blockchain weiß nur, dass eine Transaktion stattgefunden hat, jedoch nicht wer daran beteiligt war und welcher Betrag verschickt wurde. Anders als bei Monero kann ich mich dafür entscheiden, meine Adresse öffentlich zu machen. Defaultmäßig ist sie aber verschlüsselt.

Den Wunsch der Bürger nach Privatsphäre teilen übrigens Behörden und Finanzinstitutionen nicht. Die französische Regierung überlegt, Privacy Coins ganz zu verbieten, in Japan gilt das Verbot bereits ab 2018. Die Annahme: Komplett anonyme Transaktionen öffnen Kriminellen Tür und Tor.

Verlieren Big player wirklich die macht?

Demokratie, Privatsphäre und Kontrolle über die eigenen Daten: Klingt fast zu schön, um wahr zu sein. In der Tat sind die technischen Voraussetzungen gegeben. Doch machen die Nutzer mit? Und geben Konzerne wie Facebook und Google einfach so die Macht ab?

So einfach ist es nicht, denn auch die Mächtigen schlafen nicht. Sie wollen die neue Technologie beherrschen, bevor sie sie frisst. So hat Facebook im Juni 2019 angekündigt, eine eigene Kryptowährung namens Libra schaffen zu wollen, die jedoch nicht auf Blockchain basieren soll. Momentan liegt zwar das Projekt wegen rechtlicher Bedenken des US-Gesetzgebers auf Eis, aber bei so viel Kapital zweifelt niemand daran, dass Herr Zuckerberg seinen Wunsch erfüllt bekommen wird. Google ist schon viel weiter und arbeitet zusammen mit Ethereum (der zweitgrößten Kryptowährung) an einer hybriden Cloud-Blockchain App.

Das Linux-Projekt Hyperledger hat von Anfang als Ziel gehabt, Module für blockchainbasierte Dienste für die Industrie zur Verfügung zu stellen. Unter den Teilnehmern befinden sich bereits große Namen wie IBM, Lamborghini und die US-Discounterkette Target. Bei den Produkten handelt es sich meist um Permissioned Blockchains. Das bedeutet, dass jemand die Blockchain kontrolliert und nur bestimmte Teilnehmer Zugang erhalten. Wenn man an das ursprüngliche Grundprinzip von Dezentralität denkt, ist Hyperledger so nah an Bitcoin und Ethereum wie veganes Fleisch an echtem Fleisch.

kein soziales Netzwerk ohne teilnehmer

Verschiedene Blockchainentwickler versuchen, dezentrale und demokratische soziale Netzwerke zu entwickeln. Auch hier sollte keine zentrale Instanz die Profile verwalten oder Nutzerdaten an Dritte verkaufen. Viel mehr sollten die Nutzer mit ihren Inhalten Tokens verdienen können. Diaspora, Minds, All.me und Mastodon sind nur einige dezentrale soziale Netzwerke, die um Sichtbarkeit kämpfen.

Denn das Problem ist: Ziemlich jeder meckert über Facebook und Google, doch weltweit haben 1,9 Milliarden Menschen ein Facebookprofil. Über 80 Prozent nutzen täglich Google als Suchmaschine. Und ein soziales Netzwerk beziehungsweise eine Suchmaschine sind nur so mächtig wie die Anzahl ihrer Nutzer.

Sind wir also zu denkfaul für die Demokratisierung des Internets? Die nächste Dekade, die gerade begonnen hat, wird es zeigen.

Blockchain: Trend, Zukunft oder Blase?

Alle reden über Bitcoins, Kryptowährungen und im gleichen Atemzug von Blockchain. Meist geht es um die Bitcoin als Wertspeicher oder darum, mit Trading schnelles Geld zu verdienen. Dabei kann die Blockchain, die Technologie hinter dem Bitcoin, viel mehr als digitale Zahlungen und hat das Potential, digitale Systeme zu revolutionieren. Gleichzeitig kämpft sie aber mit technischen Problemen.

Wohin führt die reise?

Der Softwareexperte und Geschäftsmann John McAfee glaubt fest daran, dass ein Bitcoin bis Ende 2020 eine Million Dollar wert sein wird. Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman hält dagegen die ganzen blockchainbasierten Kryptowährungen für eine Blase, da sie anders als Fiat Währungen, bei denen der jeweilige Staat mit seiner Glaubwürdigkeit bürgt, durch nichts gedeckt seien. Auch der Finanzguru und Ex-Chef der US-Notenbank Alan Greenspan sieht den Bitcoin als Anlage ohne intrinsischen Wert.

Neben dem Bitcoin existieren tausende alternative Kryptowährungen, sogenannten Altcoins, darunter Ethereum, Litecoin, Ripple und ZCash. Die meisten von ihnen nutzen die Blockchain, speichern also alle Transaktionen in Blöcken, die mittels eines kryptographischen Algorithmus von Minern verifiziert (geschürft) und miteinander verknüpft werden. Das Verfahren nennt sich Proof of Work und kostet viel Rechenleistung. So viel, dass die meisten Miner sich mittlerweile zu großen Rechenzentren, sogenannten Minerpools, zusammengeschlossen haben.

Was die Blockchain wirklich bringt

Die Blockchain-Technologie ist die eigentliche, interessante Innovation hinter den Kryptowährungen. Sie verspricht, nicht nur dezentrale und sichere Finanztransaktionen zu ermöglichen, sondern auch Apps, Datenbanken und digitale Dienste zu dezentralisieren. Doch was haben wir davon? Die Antwort ist sehr einfach.

  • Die Daten werden dezentral auf allen Knoten des Netzwerks statt auf einem einzigen Server gespeichert gespeichert. Das System weist also keinen Single Point of Failure auf. Schädliche DDoS-Angriffe, wie der, der Wikipedia vor einigen Wochen temporär lahmgelegt hat, sind also unwahrscheinlicher.
  • Die Systeme sind transparent, weil keine zentrale Autorität das Netzwerk kontrolliert, willkürlich Konten sperrt und Daten missbraucht. Für Diktaturen ist das ein Alptraum, für die Demokratie und Meinungsfreiheit gut.
  • Zumindest theoretisch gibt es in einem dezentralen Peer-to-Peer Netzwerk, das niemandem gehört, keine Transaktionsgebühren. Denken Sie an Airbnb, Immoscout24, Facebook. Hier verdient das jeweilige Unternehmen mit verschiedenen Modellen Geld (Provisionen, Werbung), nur indem es eine zentrale Plattform bereitstellt, auf die alle zugreifen. Blockchain-Anwendungen benötigen dagegen keine zentrale Instanz, die Daten verwaltet und dafür Geld kassiert.

sicher, dezentral, aber nicht skalierbar

Das klingt super oder? Fast zu gut, um wahr zu sein. Es gibt aber einen Haken: Die Technologie hat noch einige Baustellen. Das sogenannte Trilemma der Blockchains lautet: dezentral, sicher oder skalierbar? Es gibt momentan keine Blockchain, die alle drei Kriterien gleichzeitig erfüllt. Das Bitcoin- und das Ethereum-Netzwerk gelten dank Proof of Work als sicher, auch die Dezentralität ist gewährleistet. Bei der Skalierbarkeit gibt es jedoch massive Probleme.

Stellen Sie sich vor, Sie müssten ein schweres Rätsel lösen, um eine Banktransaktion oder eine Nachricht zu verschicken. Das kostet Zeit. Nichts anderes machen Miner mit dem Proof-of-Work-Verfahren. Der Kryptoalgorythmus lässt sich nur mit speziellen, leistungsstarken Rechnern lösen, die jede Menge Energie benötigen. 2018 verbrauchte das Bitcoin-Netzwerk 40 TWh Strom. Das ist ungefähr so wie viel wie ganz Ungarn.

Damit überhaupt jemand sich die Mühe macht, Blöcke zu schürfen, erhalten Miner sowohl bei Bitcoin als auch bei Ethereum eine feste Belohnung pro geschürften Block und zusätzlich die Transaktionsgebühren, die die Absender selber festlegen. Natürlich bestätigen die Miner dann meist zunächst die Transaktionen, bei denen die Gebühren am höchsten sind. Mit einer zunehmenden Anzahl von Transaktionen im Netzwerk werden diese immer teurer.

für kommerzielle anwendungen zu langsam

Das Bitcoin-Netzwerk schafft aktuell 3 bis 7 Transaktionen pro Sekunde, Ethereum 15. Das Proof of Work Verfahren sorgt für Sicherheit und Dezentralität auf Kosten der Geschwindigkeit und der Gebührenfreiheit. Das macht eine breite Anwendung und Geschäftsmodelle mit Millionen Nutzern derzeit unmöglich. Ethereum und andere Kryptowährungen diskutieren oder nutzen bereits das Proof of Stake, eine Methode, bei der die Miner mit Coins bürgen, die sie als Sicherheit hinterlegen. Die Lösung ist jedoch nicht risikofrei, da sie die Zentralisierung begünstigt.

Alle Blockchains probieren derzeit weitere Lösungen aus, um die Latenzzeit der Systeme zu verringern. Bitcoin testet sogenannte Lightning Networks. Es handelt sich dabei um eine zusätzliche Schicht über der Blockchain. Zwei Parteien können einen privaten, verschlüsselten Kanal (Channel) betreiben und darin Transaktionen führen, ohne dass diese auf der Blockchain festgehalten werden. Erst wenn die Verbindung geschlossen wird, wird die Blockchain anhand des Endsaldos aktualisiert.

Mit dieser technischen Neuerung soll die Geschwindigkeit des Netzwerks auf 15.000 Transaktionen pro Sekunde steigen (zum Vergleich: Das Visa-Netzwerk schafft 24.000 Transaktionen pro Sekunde). Auch Ethereum experimentiert derzeit mit verschiedenen Updates. Das sogenannte Sharding soll die Blockchain in voneinander unabhängige Abschnitte teilen, während die State Channels ähnlich wie die Lightning Networks von Bitcoin funktionieren sollen.

2020: HOP ODER TOP

Aktuell bleibt die Implementierung dieser Erneuerungen jedoch Zukunftsmusik. Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin erklärte in einem Interview am 4. September 2019, Ethereum 2.0 mit Sharding und Proof of Stake auf jeden Fall Anfang 2020 launchen zu wollen. Die Bitcoin Lightning Networks funktionieren bereits, die Anzahl der Nutzer bleibt jedoch überschaubar. Gerade 854 Bitcoins waren am 01.September 2019 auf Channels gespeichert.

Blockchains werden sich jenseits von Kryptowährungen nur behaupten, wenn sie einen realen Nutzen für die Wirtschaft haben. Zahlreiche Konzerne und Startups forschen derzeit über Use Cases in den Gebieten Verkehr, Logistik, Industrie 4.0 und E-Health. Um für die große Masse skalierbar zu sein und Profit zu generieren, muss die Blockchain jedoch ihr Skalierbarkeitsproblem lösen.

An alle, die die Technologie kritisieren, sei gesagt: Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. In den 80ern bestand das heutige Internet aus wenigen Rechnern, die Übertragungsmöglichkeiten waren begrenzt. Kaum einer hätte auf seinen Durchbruch gewettet. So bleibt es im Falle der Blockchain nur abzuwarten. Die Zeit wird zeigen, ob dezentrale Modelle die Zukunft sind oder eine Note in der Geschichte bleiben.