Wie viele Windräder brauchen wir für die Energiewende?

Die Zukunft gehört Wind- und Solarstrom, doch im ersten Quartal 2021 erzeugten erneuerbare Energieträger 40 Prozent der Elektrizität in Deutschland. Dabei werden Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen in den kommenden Jahren den Strombedarf steigen lassen. Schon jetzt ist klar: Soll die Energiewende in der nächsten Dekade gelingen, muss der Windkraftausbau beschleunigt werden. Doch um wie viel? Ein Versuch, die benötigte Leistung zu berechnen.

38 PROZENT MEHR STROM BIS 2030

  • Der Bruttostromverbrauch (inklusive dem Strom, der beim Transport verloren geht) lag in Deutschland im Jahr 2020 bei 544,9 Terawattstunden (1 TWh=109 oder eine Milliarde kWh).
  • Um die Klimaparameter zu erfüllen, geht die Bundesregierung von bis zu 14 Millionen Elektrofahrzeugen bis 2030 aus. Bei einer jährlichen durchschnittlichen Laufleistung von 15.000 km pro Fahrzeug und einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 14 kWh/100 km benötigt Deutschland zusätzlich 29,4 TWh pro Jahr, um den Strombedarf von E-Autos zu decken.
  • Der ThinkTank Agora Energiewende geht in einer Studie von 8 Millionen benötigten Wärmepumpen bis 2030 aus, um die Klimaziele zu erreichen. Bei einem jährlichen Verbrauch von zirka 6.000 kWh pro Wärmepumpe (wie diese Rechnung zeigt) kommen so zusätzliche 48 TWh zusammen.
  • Laut einer Studie von Strategy& wird in Deutschland bis 2030 die Nachfrage nach „grünem“ Wasserstoff (mit erneuerbaren Energien erzeugten Wasserstoff) auf 3,3 Megatonnen steigen. Da selbst ein sehr effizienter Elektrolyseur derzeit 39 kWh/kg Wasserstoff verbraucht, würde man dafür nochmal 128 TWh Strom brauchen.
  • Der gesamte Stromverbrauch im Jahr 2030 beträgt nach dieser hypotetischen Rechnung 751 TWh. Das übertrifft selbst die Prognose der Bundesregierung von 645-665 TWh für 2030 um 13 Prozent. Gegenüber 2020 wäre es eine Steigerung des Stromverbrauchs um 38 Prozent.
STROMVERBRAUCH 2020544,9 TWh*
VORAUSSICHTLICHER STROMBEDARF VON E-AUTOS 203029,4 TWh
VORAUSSICHTLICHER STROMBEDARF VON WÄRMEPUMPEN 203048 TWh
VORAUSSICHTLICHER STROMBEDARF FÜR GRÜNEN WASSERSTOFF 2030128,7 TWh
GESAMTBEDARF 2030751 TWh
* Statista

engpässe im Winter? nicht mit genug reserve

Die Abschätzung im vorherigen Abschnitt berücksichtigt nicht, dass der Stromverbrauch über das Jahr keineswegs konstant ist. So betrug laut Bundesnetzagentur die Netzlast im Januar 2021 satte 45.929 GWh, im Juni 2021 dagegen nur 39.344 GWh. Zum einen ist das Licht in der kalten Jahreszeit länger an, zum anderen drückt die Urlaubszeit im Sommer den Bedarf, da unter anderem Produktionsbetriebe schließen.

Heizen viele Haushalte künftig mit Wärmepumpen, dürfte sich dieser Effekt noch verstärken. Luft-Wasser-Wärmepumpen, die am häufigsten installierte Wärmepumpenart, verbrauchen umso mehr Strom, je niedriger die Außentemperatur ist.

Die Daten aus einem Monitoring-Projekt des Fraunhofer-Instituts verdeutlichen diesen Effekt. Demnach betrug der Verbrauch der untersuchten Wärmepumpe allein im Januar satte 18 Prozent des Gesamtjahresverbrauchs. Berücksichtigt man diesen Effekt, würden wir im Januar 2030 67,7 Terawattstunden Strom und damit 47 Prozent mehr als im Januar 2021 an Strom verbrauchen.

VERBRAUCH JANUAR 202145,9 TWh
VERBRAUCH E-FAHRZEUGE JANUAR 20302,45 TWh*
VERBRAUCH WÄRMEPUMPEN JANUAR 20308,64 TWh
BENÖTIGTER STROM FÜR GRÜNEN WASSERSTOFF JANUAR 203010,7 TWh*
GESAMTBEDARF JANUAR 203067,7 TWh
* Als Vereinfachung wird davon ausgegangen, dass sowohl der Verbrauch von E-Fahrzeugen als auch von Elektrolyseuren über das Jahr konstant bleibt.
Wärmepumpen benötigen in den Wintermonaten Strom, um Wärme bereitzustellen. ©HarmvdB/Pixabay.com

SO VIELE WINDKRAFTANLAGEN FEHLEN

Nicht nur die Grünen möchten bereits 2030 Kohlekraftwerke komplett stilllegen. Auch die Agora Energiewende geht davon aus, dass das neue Klimaschutzgesetz und der EU-weite Anstieg des Preises für CO2-Zertifikate dazu führen wird, dass Kohlekraftwerke schon vor 2038 vom Netz genommen werden.

Schaut man auf den abgeschätzten Strombedarf im Januar 2030, stellt sich die Frage, wie hoch die Kapazitäten sein müssen, um ihn theoretisch ausschließlich mit erneuerbaren Energien zu decken. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass PV-Anlagen in den dunklen Wintermonaten einen geringen Beitrag zur Stromerzeugung leisten. Im Januar 2021 schwankte beispielsweise ihr Anteil an der Stromerzeugung je nach Kalendarwoche zwischen 0,9 und 1,9 Prozent. **

Zwar fordert der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW), bis 2030 die installierte PV-Leistung auf 150 GW zu verdreifachen. Allerdings würde selbst damit aufgrund des höheren Strombedarfs der Anteil des PV-Stroms im Januar maximal 5 Prozent betragen.

Biomasse zur Stromerzeugung wird dagegen nach Einschätzungen des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nur als flexible Option mit wenigen Volllaststunden eingesetzt werden, da ihr Potential begrenzt ist. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ihr aktueller Anteil an der Stromerzeugung von zirka 8 Prozent** steigen wird.

Mit diesen Eckdaten müssten Windkraftanlagen in unserem Beispielsszenario im Januar 2030 87 Prozent des Energiebedarfs decken. Dafür bräuchten wir zusätzliche 224.761 MW an Leistung und müssten bis 2030 jährlich um die 28.000 MW neu installieren. Das ist mehr als fünfmal so viel wie im unter diesem Aspekt erfolgreichsten Jahr 2017, als der Zubau 5.333 MW betrug. ***

STROMERZEUGUNG VON WINDKRAFTANLAGEN IM JANUAR 202111,7 TWh*
STROMBEDARF IM JANUAR 203067,7 TWh
VON WINDKRAFTANLAGEN BENÖTIGTE ENERGIE (GESAMTBEDARF ABZÜGLICH 13 PROZENT BIOMASSE/SOLARANLAGEN)58,8 TWh
VERHÄLTNIS5,03
INSTALLIERTE LEISTUNG 202155.772 MW
ZUSÄTZLICHE BENÖTIGTE LEISTUNG BIS 2030224.761 MW
ZU INSTALLIERENDE LEISTUNG 2022-2029 PRO JAHR28.095 MW

*Quelle: BDEW

** Quelle: energy-charts.info

*** Quelle: Bundesverband WindEnergie, „Installierte Windenergieleistung in Deutschland

warum StockT der Aufbau?

Die letzten vier Jahre 2018-2021 waren alles anderes als erfolgreich wenn es darum ging, neue Windkraftanlagen zu installieren***. 2019 wurde mit 325 MW der geringste Zubau seit 2000 erreicht (siehe Bild unten).

Laut dem Bundesverband WindEnergie trägt die Politik die Schuld am Stillstand. Zum einen würden die Bundesländer nicht wie vereinbart 2 Prozent Fläche für die Windenergie zur Verfügung stellen. Zum anderen würden lange Genehmigungsverfahren und Klagen von Bürgerinitiativen die Umsetzung von Projekten bremsen.

©WindGuard GmbH

sind offshore-Windkraftanlagen die LÖSUNG?

2021 beträgt die Leistung der Offshore-Anlagen in Deutschland 7.771 MW. In der Nordsee befinden sich mit fast 6.700 MW die meisten von ihnen. Damit machen sie gerade mal 14 Prozent der Gesamtleistung der installierten Windturbinen aus. Das könnte sich allerdings in den nächsten Jahren ändern.

Zum einen kämpfen die Offshore-Windparks weniger mit Akzeptanzproblemen als Onshore-Anlagen, da sie mehrere Kilometer von der Küste entfernt liegen. Zum anderen sorgen auch in windarmen Jahren wie beispielsweise das erste Halbjahr 2021 für eher konstante Erträge als Onshore-Anlagen. Außerdem lassen sich Anlagen mit einer Leistung über 10 MW eher als am Land realisieren, weil der Windertrag höher ist.

Die Bundesregierung hat das Potential der Offshore-Windkraft längst entdeckt. Bis 2030 sollten dank des Windenergie-auf-See-Gesetzes 20 GW (20.000 MW) an Leistung in der Nord- und Ostsee entstehen. Die EU-Kommission geht von einem Potential von 450 GW in den europäischen Meeren aus. Obwohl in den letzten Jahren der Ausbau an Kapazitäten genauso wie bei Onshore-Anlagen stockte, ist es also davon auszgehen, dass sich die Lage rasch ändern wird. Davon geht auch der niederländische Windparkbetreiber TenneT aus, der vor allem in der Nordsee zahlreiche Projekte plant.

Retten Offshore-Windparks die Energiewende? © Florian Pircher/pixabay.com

Lassen sich die KLimaziele auch mit wenigen Windrädern erreichen?

Selbst wenn der Ausbau der benötigten Leistung bis 2030 nicht gelingt, bedeutet nicht, dass Deutschland seine Klimaziele verfehlen wird. Anders als bei Windkraftanlagen wuchs bei Photovoltaikanlagen die installierte Leistung auch in den letzten Jahren stetig und konstant um zirka 4.000 MW pro Jahr.*

Anders als Windturbinen kämpfen Solaranlagen kaum mit Akzeptanzproblemen und lassen sich dezentral und ohne schwerwiegende Umweltauswirkungen installieren. Zudem stellen steigende Strompreise sowohl für Private als für Unternehmen einen Anreiz dar, PV-Anlagen zu installieren, um den Strom selbst zu verbrauchen.

Dennoch bleibt das Problem der saisonal schwankenden Leistung von Solaranlagen. Hier sind fundierte Konzepte nötig, um den Überschuss an Solarstrom im Sommer wirtschaftlich zu speichern und im Winter zu verbrauchen. Insbesondere Wasserstoff eignet sich als Speichermedium hervorragend, allerdings liegt der Gesamtwirkungsgrad des Verfahrens Strom –> Wasserstoff –> Brennstoffzelle –> Strom laut einer Studie des Fraunhofer Instituts bei gerade mal 24-35 Prozent.

Steigt die Effizienz des Verfahrens, steht einem Kreislauf aus Solarstrom, Windenergie und Wasserstoff nichts im Wege, der auch den erhöhten Strombedarf durchaus decken kann. Nicht nur im Sommer, sonder auch bei Windstürmen ließe sich die erzeugte und gespeicherte Energie später verwenden.

fazit

Auch ausgehend von einem kompletten Verzicht auf fossile Kraftwerke kann die Energiewende gelingen. Allerdings muss der Ausbau der installierten Leistung deutlich schneller vorangehen. Parallel ist es erforderlich, industrielle Anlagen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff zu fördern, um die Volatilität von Windturbinen und Solaranlagen zu kompensieren.

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Autos mit Brennstoffzellen: haben Sie eine chance? (Wasserstoffserie Teil 1/3)

Neu ist die Idee eines Fahrzeugantriebs mit wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen nicht. Den Durchbruch hat das Wasserstoffauto aber nie geschafft. Politik und Hersteller setzen bei der Energiewende vor allem auf batteriebetriebene Fahrzeuge. Zu Recht? Und sehen wir in 20 Jahren vielleicht doch jede Menge Wasserstoffautos neben E-Fahrzeugen? Der erste Teil dieser Artikelserie befasst sich mit den CO2-Emissionen von Autos mit einem Brennstoffzellenantrieb im Vergleich zu Elektroautos und konventionellen Benzinern.

sind brennstoffzellen umweltfreundlich? eine rechnung

Auf dem ersten Blick verursachen wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen gar keine Emissionen. Das stimmt aber nicht ganz. Da Energie in keinem Land der Welt 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt, wird während der Wasserstoffherstellung CO2 erzeugt. Auch die Fertigung der Brennstoffzellen ist natürlich nicht CO2-neutral. Interessant ist der Vergleich mit Verbrennern sowie mit batteriebetriebenen E-Fahrzeugen hinsichtlich des CO2-Fußabdrucks. Folgende Aspekte habe ich betrachtet:

  • den Brennstoff: Wie schneidet Wasserstoff im Vergleich zu Benzin und Strom ab?
  • die Herstellung: Bei Verbrennern entsteht bei der Herstellung des Verbrennungsmotors CO2 , bei Wasserstoffautos haben wir Brennstoffzellen + einen Elektromotor und bei E-Autos die Batterie + einen Elektromotor. Wie viel CO2 entsteht dort?

Damit der Vergleich auch Sinn ergibt, habe ich Fahrzeuge mit einer ähnlichen Motorleistung verglichen. Das sind einmal der wasserstoffbetriebene Toyota Mirai mit 154 PS, einmal das E-Auto-Modell i3 von BMW mit 125 kW (169 PS) und als Benzinfahrzeug die 318i Limousine von BMW mit 156 PS. Gibt der Hersteller für bestimmte Parameter einen Bereich an, habe ich den Durchschnitt genommen.

Was nicht betrachtet wurde: Sowohl Benzin als auch Wasserstoff müssen vom Ort der Herstellung zum Verbraucher transportiert werden. Das ist ein Nachteil im Vergleich zu E-Autos. Aber auch die Wartung der Stromnetze erzeugt CO2. Diese Aspekte habe ich nicht betrachtet, da es den Rahmen sprengen würde. Auch das Recycling und die Entsorgung von Batterien, Brennstoffzellen und Verbrennungsmotoren wurden nicht berücksichtigt, zumal derzeit von einer Recyclingindustrie für E-Auto-Batterien keine Rede sein kann.

1. Die co2-bilanz der Treibstoffherstellung

Zur Herstellung von Wasserstoff gibt es aktuell zwei Methoden: die Wasserelektrolyse und die Reformierung (meist Methan-Dampfreformierung). Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile. Bei der Elektrolyse spaltet man mit elektrischem Strom Wasser (H2O) in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff. Der Energiebedarf beträgt 55 kWh pro erzeugtes Kilogramm Wasserstoff (Angabe: Clean Energy Partnership). Bei Emissionen von 401 g CO2eq/kWh Strom (Stand:2019) verursacht ein Kilogramm Wasserstoff einen Ausstoß von 22 kg CO2-Äquivalent. Verbraucht der wasserstoffbetriene Toyota-Mirai laut Herstellerangaben 0,7 kg/100 km, macht das auf einer Strecke von 100 Kilometern zu 15,4 kg CO2-Äquivalent.

Bei der Dampfreformierung trifft heißer Wasserdampf auf Methangas, dabei entstehen in zwei Schritten Wasserstoff und Kohlendioxid. Die Emissionen belaufen sich laut einer Studie auf 7 kg CO2eq pro Kilogramm Wasserstoff. Das macht für die gleiche 100-Kilometer-Strecke 4,9 kg CO2-Äquivalent, also ein Drittel als bei der Elektrolyse.

Auch die Herstellung von Benzin und Diesel verursacht gewaltige CO2-Emissionen. Laut der Studie „Global carbon intensity of crude oil production“ schlägt die Ölforderung im weltweiten Durchschnitt mit 10,3 g CO2eq/MJ Rohöl zu Buche, wobei die Schwankungen unter den einzelnen Ländern erheblich sind. Rohöl wird aber erst in der Raffinerie zu Benzin und Diesel. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass in einer Raffinerie im globalen Durchschnitt 7,3 g CO2eq/MJ entstehen. Was bedeutet das für unser Beispielfahrzeug auf der Beispielsstrecke von 100 Kilometern?

CO2eq= 5,5 l/100 km * 100km* 32 MJ/l (Energiedichte von Benzin)* 17,6 g CO2eq/MJ =3,1 kg CO2eq

Anders als das Wasserstoffauto verursachen Verbrennungsmotoren auch im Betrieb Emissionen. Für die 318i Limousine sind es laut Hersteller im Schnitt 125 g/km, also 12,5 kg CO2eq für 100 km. Insgesamt sind wir für unsere Beispielsstrecke bei 15,6 kg CO2-Äquivalent.

Wie sieht es bei Elektrofahrzeugen aus? Hier ist der Treibstoff der Strom, mit dem die Batterie geladen wird. Der Vorteil ist, dass er dort bezogen wird, wo man das Auto tankt. In Deutschland profitieren Fahrer von einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix.

Das i3-Model von BWM verbraucht laut Hersteller 14,2 kWh/100 km. Das ergibt ein CO2 -Äquivalent von:

14,2 kWh/100 km * 100 km *401 g CO2eq/kWh Strom=5,6 kg CO2eq

Die Olförderung trägt einen schweren CO2-Rucksack

2. Die co2-bilanz der batterieFertigung

Elektroautos schneiden im Vergleich zu Wasserstoffautos auf dem ersten Blick besser ab, weil die Energie keine doppelte Umwandlung Strom–> Wasserstoff –>Strom macht, sondern direkt in die Batterie fließt. Die Batterieherstellung ist aber alles anderes als klimaneutral. Eine 2019 aktualisierte Studie des Swedish Environmental Research Institutes bezifferte den CO2-Ausstoß auf 61-106 kg pro kWh Batteriekapazität (Durchschnitt: 83,5 kg/kWh). Für unser E-Fahrzeug mit 125 kWh bedeutet es, dass bei der Batterieherstellung 10.437 kg CO2 entstehen.

Was heißt es für die einzelne Fahrt? Dazu müssen wir wissen, wie lange die Batterie eines E-Fahrzeugs hält. Bei Modellen der i3-Reihe hat BMW 2020 die Garantie auf 160.000 Kilometer erweitert. Nehmen wir an, der Akku hält so lange und nicht mehr. Wollen wir die Emissionen auf unsere Teststrecke umrechnen, ergibt das:

10.437 kg CO2/160.000 km* 100 km= 6,5 kg CO2eq

Addiert zu den 5,6 kg CO2 – Äquivalent, die durch den Stromverbrauch entstehen, macht das 12,1 Kilogramm CO2– Äquivalent. Das ist weniger als beim Mittelklassewagen mit Verbrennungsmotor, aber mehr als beim Brennstoffzellenfahrzeug, wenn Wasserstoff durch Dampfreformierung entsteht.

In seinen Fabriken (hier Fremont, California) strebt Tesla eine völlige CO2-neutrale Fertigung an

3. DIE co2-bilanz DER Brennstoffzellenfertigung

Auch Brennstoffzellen werden nicht CO2-neutral produziert. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme errechnete in einer Studie (2019) 30 kg CO2 eq/kWh für die Fertigung. Bei den 113 kW des Toyota Mirai ergibt das 3.390 kg CO2. Das ist im Vergleich zur Batteriefertigung ungefähr ein Drittel. Zudem haben die Brennstoffzellen im Fahrzeug eine höhere Lebensdauer als Batterien. Die California Fuel Cell Partnership, eine Vereinigung aus Unternehmen zur Förderung von Brennstoffzellenfahrzeugen, geht von einer Lebensdauer von mindestens 150.000 Meilen (241.000 Kilometern) aus.

Auf unsere Strecke umgerechnet macht es:

3.390 kg/241.000 km * 100 km= 1,4 kg CO2-eq

Insgesamt kommt der Toyota Mirai in dieser Rechnung auf 6,9 kg CO2 pro 100 km, falls Wasserstoff per Dampfreformierung erzeugt wird, und auf 16,8 kg, falls er aus einem Elektrolyseprozess entstammt.

4. die co2-bilanz der herstellung

Natürlich entstehen bei jedem Fahrzeug auch während der Herstellung CO2-Emissionen. Auch hier schwanken die Werte erheblich je nachdem, wo die Produktion stattfindet. Insgesamt bemühen sich in den letzten Jahren dennoch alle Autohersteller um einen kleinen Fußabdruck. BMW erklärte in einem Interview 2018, dass es in seinen Werken die Emissionen auf 400 kg pro Fahrzeug senken konnte.

Laut diesem Spiegel-Artikel geht BWM bei Benzinmotoren von einer Lebensdauer von 150.000 Kilometern aus. Für unsere 100-km-Strecke heißt es:

400/150.000*100 = 0,2 kg CO2-eq

Über den CO2-Ausstoß bei der Elektromotorenfertigung (bis auf die Batterie) gibt es wenige Daten. Dennoch sind sie einfacher aufgebaut als Verbrennungsmotoren, der Prozess ist schätzungsweise weniger energieintensiv. Mangel an zuverlässigen Daten wurde dennoch in dieser Rechnung den gleichen Wert wie bei den Verbrennungsmotoren angenommen.

5. das ergebnis

CO2-eq Emissionen auf einer Strecke von 100 km fürToyota Mirai (Wasserstoff per Dampfreformierung)Toyota Mirai (Wasserstoff per Elektrolyse)i3 (E-Auto)318i Limousine (Benzin)
Treibstoffherstellung [kg CO2-eq]4,915,45,63,1
Betrieb [kg CO2-eq]12,5
Fertigung (Batterie, Brennstoffzelle) [kg CO2-eq]1,41,46,5
Motorenfertigung0,20,20,20,2
Summe [kg CO2-eq]6,517,0012,315,8
CO2Bilanz für Wasserstoffautos, E-Fahrzeuge und Benziner – Zusammenfassung

Die Rechnung in den vorherigen Abschnitten ist nur eine Beispielrechnung mit vielen Vereinfachungen, dennoch lässt sich einiges ableiten:

  • Die Elektrolyse zur Wasserstoffherstellung mit dem aktuellen Strommix ergibt CO2-technisch wenig Sinn.
  • Anderseits schneiden Wasserstofffahrzeuge viel besser als E-Fahrzeuge ab, wenn der Wasserstoff durch Dampfreformierung hergestellt wird. Das ist auch das wahrscheinlichste Szenario, denn laut Statistiken entsteht 96 Prozent des weltweit hergestellten Wasserstoffs durch Reformierung und nur 4 Prozent durch Elektrolyse.
  • Sowohl Wasserstoffautos als E-Autos stoßen weniger CO2 als Verbrenner aus, selbst wenn man die Angaben über die CO2-Emissionen pro Kilometer der Hersteller nimmt, die sich in der Praxis selten bewahrheiten.

die grenzen der berechnung: strommix-zusammensetzung entscheidend

Eine solche Beispielrechnung hat durchaus Grenzen. Es gibt bereits mehrere Studien, die den CO2-Fußabdruck von Brennstoffzellenautos mit E-Autos vergleichen. Alle basieren dennoch auf die Schätzung bestimmter Parameter, zum Beispiel der Treibhausgasemissionen während der Fertigung. Die Ergebnisse weisen daher eine große Schwankungsbreite auf. Sie ändern sich sehr stark je nachdem, wo die Batterien beziehungsweise die Brennstoffzellen angefertigt werden und wie die Zusammensetzung des Strommixes in dem Land aussieht. Je weniger fossile Energiequellen bei der Stromerzeugung, desto geringer die Emissionen bei der Fertigung (für beide Fahrzeuge) und im Betrieb (für das E-Auto).

2017 sorgte eine Studie des bereits zitierten Swedish Environmental Research Institute (IVL) beispielsweise für Aufregung. Die Wissenschaftler berechneten einen CO2-Ausstoß von 150-200 kg/kW in der Batteriefertigung. Dafür gingen sie von einem Anteil an fossilen Energieträgern im Strommix von 50 Prozent aus, was in vielen Ländern der Welt realistisch und sogar optimistisch ist. Mit dieser Annahme rechneten sich E-Autos im Vergleich zu Diesel-Fahrzeugen erst ab 100.000 Kilometern. Kritiker bemängelten jedoch, dass bei der Berechnung des Diesel-Fahrzeugs der CO2-Ausstoß der Ölförderung und der Ölraffinerien nicht berücksichtigt wurden. Zudem bemängelten weitere Experten, dass der Anteil am Bio-Treibstoff von 18 Prozent für das Dieselfahrzeug, der seine CO2-Bilanz erheblich verbessert, nur in Schweden üblich sei.

2019 aktualisierte das IVL die Studie und schätzte die CO2-Emissionen bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien viel niedriger ein, nämlich auf 61-105 kg/kW. Als Begründung gab es an, diesmal auch CO2-neutrale Batterieherstellungsverfahren berücksichtigt zu haben. Derzeit arbeiten zwar die wenigsten Batteriefabriken CO2-neutral (wobei Elon Musk seine Gigafactory in Nevada nach der Fertigstellung komplett CO2-neutral betreiben will), aber es ist denkbar und wahrscheinlich, dass sie Jahr um Jahr grüner werden.

Die Ergebnisse der viel zitierten Studie des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, wonach Dieselfahrzeuge beim aktuellen Strommix umweltfreundlicher als E-Autos sind, kommen dadurch zustande. dass die Autoren hohe CO2-Emissionen für den deutschen Strom annehmen, nämlich 550 g/kWh. (offiziellen Angaben =401 g/kWh). Zudem stützen sie sich für den CO2-Ausstoß der Batteriefertigung auf die Werte der ersten IVL-Studie von 2017, die inzwischen nach unten korrigiert wurden.

Verringert sich den Anteil des Kohlestroms, bauen E-Autos, aber auch Wasserstoffautos ihren Vorteil gegenüber Verbrennern auf.

batterie-lebensdauer und wirkungsgrad der Wasserstoffherstellung ebenfalls wichtig

Eine weitere Unsicherheit ist die tatsächliche Lebensdauer von E-Auto-Batterien. Manche Nutzer, die das Tesla Modell P85 im Jahr 2012 gekauft haben, gaben an, dass die Batterie immer noch über 90 Prozent der ursprünglichen Kapazität besitzt. So sind vielleicht viel mehr als 160.000 Kilometer drin, was den CO2-Ausstoß pro Kilometer reduzieren würde.

Anderseits wird die Wasserstoffherstellung möglicherweise effizienter und grüner. Diverse Forschungsprojekte und Studien befassen sich mit der Möglichkeit, die Effizienz der Elektrolyse zu erhöhen. Das würde nicht nur den Prozesswirkungsgrad erhöhen, sondern auch den CO2-Ausstoß während der Elektrolyse senken, da man weniger Strom benötigen würde.

Mit den jetzigen Annahmen haben Autos mit Brennstoffzellen eine bessere CO2-Bilanz als E-Fahrzeuge. Dennoch erhalten sie wegen der hohen Kosten und des niedrigen Wirkungsgrads wenig Zuspruch.(Damit werden sich die anderen Teile dieser Artikelserie befassen). Die Rechnung in diesem Beitrag beruht auf aktuellen Daten, die Lage kann sich jedoch rasch sowohl in eine Richtung (Vorteil für die Brennstoffzellenautos) als auch in eine andere (Vorteil für die E-Fahrzeuge) ändern.

Wie immer beeinflussen auch politische Entscheidungen die Entwicklung. Bis vor kurzem taten sich Politiker damit schwer, die Weichen für eine Wasserstoffinfrastruktur zu stellen. Vor allem die deutsche Regierung hat jedoch inzwischen ihre Meinung geändert und verkündete bereits 2019 eine nationale Wasserstoffstrategie für grünen Wasserstoff. Damit sinken perspektivisch auch die Hürden für Wasserstofffahrzeuge.

Eine Wasserstofftankstelle: Bald überall Realität?