Künstliche Intelligenz wird in den nächsten Dekaden die Industrie und die Logistik revolutionieren. Die intelligenten Roboter wecken Urängste bei vielen Beschäftigten, die um ihre Stellen fürchten. Doch Coboter, die kooperativen Roboter, werden Menschen gar nicht ersetzen, sondern mit ihnen zusammenarbeiten.
- Ein Viertel aller Jobs wegen Automatisierung in Gefahr?
- Hohe Produktivität setzt Menschen und Künstliche Intelligenz voraus
- Synergie zwischen Arbeitern und Cobotern
- Künstliche Intelligenz für Routineaufgaben
- Wird die Logistik 100 Prozent automatisiert?
- Nicht weniger Jobs, nur andere
- KI verschiebt Aufgabefelder
Ein viertel aller Jobs wegen automatisierung in gefahr
Künstliche Intelligenz ermöglicht Robotern, viele von Menschen ausgeführte Tätigkeiten zu übernehmen. Eine Studie der US-Stiftung Brookings fand heraus, dass 25 Prozent aller Stellen in den USA bereits jetzt durch die Automatisierung gefährdet sind. Das höchste Risiko weisen Jobs in Produktions- und Lebensmittelbetrieben sowie in der Transport- und Logistikbranche auf.
Aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn derzeit ist Automatisierung vor allem eins: eine Zukunftsvision. In der Praxis nutzen laut einer Umfrage der Tech-Organisation CompTIA nur 30 Prozent der Unternehmen KI-Methoden. Nur wenige von ihnen gaben an, ihre genauen Ziele bezüglich KI definiert zu haben.
hohe produktivität setzt menschen und künstliche intelligenz voraus
Obwohl Elon Musk sich stets als großer Verfechter von Automatisierung und Künstlicher Intelligenz gibt, verfehlte sein Tesla 2018 seine Produktionsziele. Das Problem? Zu viel Technik. In seiner Gigafactory in den USA übernehmen Roboter die Endmontage der Model 3 Autos zu 50 Prozent. Bei anderen Autoherstellern sind nur 5 Prozent dieses Prozesses automatisiert.
Mehr Roboter bedeuten weniger Bedarf an Facharbeitern, aber mehr an teuren Programmierern und Ingenieuren. Außerdem weisen die Endprodukte eine hohe Fehlerquote auf. Sie nachträglich zu verbessern verursacht hohe Kosten. Alles ist allem eine Milchmädchenrechnung.
Erfolgreicher integriert Audi Coboter – also kooperative Roboter – in seiner Fabrik in Ingolstadt. Bei KLARA ( Klebstoffapplikation mit Roboterassistenz ) trägt ein Coboter Klebstoff auf das Dach des Audi RS 5 Coupé auf. Da die Teile aus karbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) besonders groß sind, erreicht ein Mensch bei dieser Aufgabe nicht die geforderte Genauigkeit und Geschwindigkeiten. Ist der Coboter fertig, gibt er den Arbeitsplatz frei. Ein Facharbeiter montiert dann das Dach auf dem Auto.
Synergie zwischen arbeitern und cobotern
Anders bei konventionellen Robotern sind bei Cobotern die Arbeitsräume von Arbeitern und Maschinen nicht mehr von Zäunen getrennt. Coboter sind nämlich in der Lage zu stoppen, wenn jemand ihren Weg kreuzt. Möglich machen es intelligente Sensoren, die menschliche Bewegungen identifizieren.
Anders als konventionelle Roboter sind sie einfach zu programmieren, günstiger und können je nach Bedarf immer wieder an verschiedenen Stellen der Produktion verwendet werden. Sie unterstützen Menschen in ihrem Arbeitsumfeld, indem sie Tätigkeiten mit einem hohen Gefahrenpotential übernehmen. Das kann das Tragen von heißen Behältern oder das Schneiden mit scharfen Werkzeugen sein.
Künstliche Intelligenz für routineaufgaben
Manche Tätigkeiten in der Produktion und in der Logistik zeichnen sich oft durch Eintönigkeit aus. Indem sie monotone Aufgaben übernehmen, ermöglichen Coboter Menschen, ihr Potential anderswo zu entfalten. Gerade kleine und mittlere Betriebe, für die teure und schwere Roboter sich nicht lohnen, profitieren davon.
Ein Beispiel ist der Familienbetrieb Darex aus Oregon, der in der vierten Generation Schleifmaschinen erstellt. Einige Coboter von Universal Robots haben seit 2017 nicht ergonomische und sich wiederholende Tätigkeiten wie das Schrauben von Maschinengehäusen und das Verpacken der Ware übernommen. Sie arbeiten neben ihren menschlichen Kollegen ohne Abtrennung.
Gerade diese Integration ist ausschlaggebend. In vielen Produktionsstätten ist für große und schwere Roboter kein Platz vorhanden. Auch hat nicht jeder Kleinbetrieb die finanziellen Ressourcen, um eine IT-Fachkraft anzuheuern, die einen Roboter programmiert. Coboter lernen aber wie Menschen allein durch Nachahmung und Ausprobieren. Hinter dieser Fähigkeit stecken Deep Neural Networks, die den Maschinen ermöglichen zu klassifizieren, Bilder auszuwerten und sich zu orientieren.
wird die logistik 100 prozent automatisiert?
Neben Produktionsbetrieben sind Lagerhallen weitere Schauplätze für die voranschreitende Automatisierung der Arbeitswelt. Pakete und Güter hin und her bewegen, sortieren und Inventuren durchführen erfordert keine Kreativität und keine schwierigen Entscheidungen. Aus diesem Grund haben selbstfahrende Roboter in vielen Lagern und Büros menschliche Arbeiter bereits ersetzt.
Amazon hat bereits 2012 775 Millionen Dollar investiert, um den Roboterhersteller Kiva Systems aufzukaufen. Mittlerweile nutzt es in seinen Lagerräumen in der ganzen Welt über 100.000 Roboter. Aber den großten Meilenstein hat das japanische Startup Mujin 2018 gelegt.
nicht weniger jobs, nur andere
Für seinen Kunden, den E-Commerce Riese JD.com, hat Mujin das erste voll automatisierte Warendepot der Welt entwickelt. Mit Kameras ausgestattete Roboter entladen die ankommenden Kisten und legen sie auf ein Förderband. Andere kümmern sich darum, Fahrzeuge zu beladen. Lediglich fünf Facharbeiter, die für die Wartung der Roboter zuständig sind, beschäftigt das Lagerhaus.
Rosen Diankov, Mitgründer von Mujin, findet jegliche Angst vor Künstlicher Intelligenz jedoch unbegründet. Da jeder Umbruch in der Geschichte der Arbeit zwar alte Berufsbilder überflüssig machte, aber gleichzeitig neue entstehen ließ, bleibt er optimistisch. Coboter werden seiner Meinung nach mehr neue Stellen schaffen als wegrationalisieren.
KI verschiebt aufgabefelder
Künstliche Intelligenz und Coboter werden die Arbeitswelt verändern. Sie werden einfache manuelle Tätigkeiten, aber auch Verwaltungsaufgaben übernehmen. Das bedeutet aber nicht, dass menschliche Arbeit verschwinden wird.
Entscheidungen treffen, Prozesse optimieren, Ausnahmen handeln: Das können Coboter nämlich nicht. Und werden es auch künftig nicht können. Trotz ausgeklügelter Algorithmen, die innerhalb von Big Data Muster erkennen, müssen Menschen diese Inputs nutzen, um Strategien daraus zu entwickeln.
Alles in Butter also? Nicht ganz. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass bestimmte Positionen seltener werden. Wir müssen in Bildung investieren, um niedrig qualifizierten Arbeitern einen beruflich Umstieg zu ermöglichen. Wir müssen den Roboter aus uns eliminieren und bei bestimmten Aufgaben den echten Robotern vertrauen. Noch haben wir ein wenig Zeit.